Meine Geschichte , oder auch... wenn mir noch einer sagt dass er oder sie "das ja auch schonmal hatte"... 


Als erstes möchte ich einmal sagen, dass ich kein Schreiber bin. Wenn ich also ein wenig hin - und her springe, dann nur weil ich gerade versuche alles so ausführlich zu beschreiben, und so viele Infos wie möglich an den Mann und die Frau zu bringen. Nimm es mir also nicht übel wenn es manchmal ein wenig doppelt oder auch durcheinander zu lesen ist. Verstehen wirst Du es trotzdem. 

Hallo. Das bin ich also, Marcus aus Lügde. Wo fange ich am Besten an zu erzählen? Ich würde sagen, ganz klassisch, mit meiner Geburt und dann immer weiter... macht am meisten Sinn. Also, geboren wurde ich am 29.04.1981 in Osnabrück. Schnell wurde meiner Mutter klar, da stimmt was nicht mit dem kleinen. Ich war wohl kein Freund von "Essen im Körper lassen." Erst gingen die Ärzte davon aus dass es ne Unverträglichkeit wäre, dann dass es ja typisch sei für Kinder weil zu hastig gegessen usw.... Meiner Mutter reichten diese Antworten bzw Vermutungen aber nicht, denn sie bekam ja täglich mit dass ich auch wohl Schmerzen hatte. Blähungen und Übelkeit sind mal ok, aber nicht auf die Dauer. Also weiter zum nächsten Arzt.... Irgendwann, als der Kinderarzt mit seinem Latein am Ende war, wurde ich nach Münster in die Uniklinik geschickt. Und siehe da, nach der ersten Spiegelung und Blutuntersuchungen gab es dann ein Ergebnis. Morbus Crohn. So jung und schon diese Krankheit, sehr untypisch. Bedeutete gleich mehrere unschöne Dinge. Erstmal dass mein Leben von Anfang an nicht "normal" verlief, und dann noch dass es immerhin erst 1984 war als die Krankheit bei mir diagnostiziert wurde. Damals war man in Sachen Behandlung noch nicht so weit und daher wurde ich zum Versuchskaninchen aller möglichen Ärzte. Ich weiß von den Anfängen zum Glück nicht mehr viel, nur aus Erzählungen meiner Mutter, aber es ist erschreckend wenn man jetzt so schreibt, was einem alles wieder einfällt und man zurückblickt und weiß, wie alt man erst war. Es ist also einiges hängen geblieben. Fangen wir also mit dem an was ich noch so weiß.

Erinnern kann ich mich an die verschiedenen Aufenthalte im Marienhospital in Osnabrück. Die Kinderstation war sozusagen mein zweites zu Hause. Dr. Rickers, Dr. Düsberg und Frau Dr. Jacke-Pfeffer... alles Namen die mir in Erinnerung geblieben sind. Davon lebt glaube ich niemand mehr, daher kann ich in aller Ruhe die Namen schreiben, kann eh keiner mehr was gegen tun. Wenn ich damals schon alt genug gewesen wäre... Was in diesem Krankenhaus abging , wünscht man glaube ich niemandem. Unzählige Spiegelungen ohne Narkose, wohl bemerkt ich war erst 3 als die Krankheit bei mir entdeckt wurde. Sprich, bis ich 14 war, weiß ich, dass die Spiegelungen ohne Narkose gelaufen sind. Daran erinner ich mich nämlich noch zu gut. Es war ein kalter Raum, man fuhr mit einem alten braunen Fahrstuhl bis unters Dach, saß erst draussen im Vorraum wo es eine Spielecke gab, typischen grauen Fußboden und eine große Schiebetür die in den Raum für die Spiegelungen führte. Dort stand dann eine kalte silberne Liege aus keine Ahnung, Alu oder Metall... auf jeden Fall war es tierisch kalt, hart und ungemütlich. Aber wohl praktisch für das Krankenhaus, weil leicht zu reinigen. Wenn man dort gelegen hat, schaute man nach oben an eine Decke wie es früher halt modern war, diese typischen Platten unter der Decke, das große Licht und die ganzen Geräte um einen herum. Die Schmerzen bei der Spiegelung werde ich mein Leben lang nicht vergessen, gerade jetzt beim Schreiben denkt man darüber nach und es kommt alles wieder hoch. Ein dicker langer schwarzer Schlauch und die Worte, jetzt ganz ruhig und ruhig atmen und gleich is vorbei, wir müssen nur noch kurz...... Leck mich würde ich heute denken. Damals war das alles noch anders. Was hätte meine Mutter sagen sollen? Vor allem was hätte sie tun sollen? Niemand war da um einen zu unterstützen, Narkose bei Spiegelungen? Ach was, is doch alles halb so schlimm, geht doch auch ohne. Wie gesagt, ich würde den Ärzten heute ins Gesicht schauen und sie fragen obs brennt oder ob sie wortwörtlich kürzlich auf die Fr.... gefallen wären? Wenn nicht, wäre es vielleicht mal an der Zeit. 

Die schönste Geschichte wo meine Mutter und ich heute zum Glück drüber lachen können, als der Arzt Dr. Düsberg war es glaube ich, im Flur stand, ich im Bett lag und nicht mehr wusste wo aus meinem Körper noch irgendwo was herauskommen könnte, und der Arzt zu meiner Mutter meinte dass die Besuchszeit zu Ende wäre und sie jetzt gehen solle. Er hatte den roten Mantel meiner Mutter schon in der Hand, half meiner Mutter auch in den Mantel.... sagen wir es mal so, er versuchte es.... der eine Arm war drin, der andere wieder draussen.... meine Mutter dachte nicht im Traum daran mich dort alleine zu lassen.... Es wurde ihr höflich aber bestimmt mitgeteilt dass sonst die Polizei gerufen werden würde.... meine Mutter lehnte dennoch dankend ab und freute sich schon sehr auf die Beamten in Uniform, die dann aber wohl doch nicht gerufen wurden. Wir sagen heute so schön, leg dich nicht mit einer Mutter an, du ziehst den kürzeren. Das hat der Arzt auch schnell bemerkt und bat nun eine Schwester sich weiter darum zu kümmern. Tat sie auch, indem sie meine Mama ins Zimmer lies und nichts sagte, der Blick reichte um zu wissen.... Bleiben sie solange sie wollen.... Ich war damals 9. Das ist jetzt 30 Jahre her und ich sehe die Bilder noch vor mir, als wäre es gestern gewesen. 

Tja, ich weiß ehrlich gesagt gar nicht, wie es dann weiterging. Irgendwie kam ich ja doch noch nach Hause, ging weiterhin zur Schule, soweit das möglich war. Aber auch dort fingen natürlich die Probleme an. Nicht mal mit der Schule an sich, sondern mit den Mitschülern. Wieso darf Marcus dies und wieso muss Marcus nicht das usw.... in der Grundschule war es ja noch verständlich, wie soll man den anderen Kindern begreiflich machen wieso ich so oft fehlte, wieso ich "extra Würste" bekam. Stellt euch mal vor ihr müsstet kleinen Kindern im Alter von 7 - 10 Jahren erklären, dass der Junge da so krank ist und dass er nicht so ist wie andere Kinder. Da passiert dann das Unausweichliche.... Ich bin nicht wie andere Kinder, also bin ich auch bei Geburtstagen nicht eingeladen, bei Klassenfahrten war ich sowieso nie dabei, bei Schulveranstaltungen durfte ich zu Hause bleiben, wenn ich die Hausaufgaben nicht hatte, war es ganz normal und ich durfte sie nachreichen... beim Sport musste ich eh nicht mitmachen usw.... Ich war halt anders... Das bin ich heute noch wie man später noch lesen wird. Ich werde den Namen Sheldon Cooper erwähnen, später wirst Du noch sehen wieso es so passend ist. 

Die Schulzeit ging also so einigermaßen über die Bühne. Ich wiederholte die 7te Klasse freiwillig, weil ich unbedingt auf der Realschule bleiben wollte. Das gleiche tat ich mit der 9ten Klasse auch. Bloß die Schule schaffen, nicht aufgeben, koste es was es wolle. Mittlerweile hatte ich die Unterstützung einiger Klassenkameraden und vor allem der Mädchen. Ich war der Liebling der Mädels, hab mich mit meinen "Schwestern" bestens verstanden und hatte genau das Gegenteil bei den Jungs. Damals wurde ich als Weichei betitelt, als Schwuchtel und wurde natürlich auch in dieser Zeit zu keiner Party eingeladen oder bekam Verständnis für meine Situtation. Nur von meinen Mädels halt. Auch die Lehrer waren klasse, ich würde mich so gerne bei einigen von ihnen noch bedanken, doch leider sind natürlich die meisten gar nicht mehr an der Schule oder sie leben einfach nicht mehr. Kontakt zu meinen damaligen Mitschülern besteht nicht mehr, außer zu einigen Mädels. Wenn man sich sieht, spricht man über die guten alten Zeiten und lacht darüber. Heute geht das.... aber erstmal zurück zur Vergangenheit. 

Die 9te Klasse war geschafft, doch ging es nicht weiter auf der Realschule, es war zu viel, zu schwer und einfach nicht zu schaffen, zumindest nicht mit der Krankheit die leider immer schlimmer statt besser wurde. Ich war schon vollgestopft mit Kortison und anderen Medikamenten, musste was die Schule anging, aber aufgeben. Also ab auf die Hauptschule. dort die 10te Klasse machen damit ich wenigstens meinen Realschulabschluss bekomme. Hab ich dann auch geschafft, so ist es nicht. War damals aber trotzdem ein Rückschlag. Aber ich habs gepackt, darauf kommt es an! 

So, ich war mittlerweile 19 Jahre alt, hatte noch einige Krankenhausaufenthalte hinter mir und es kamen die Probleme zu Hause. Kamen ist eigentlich schön ausgedrückt, die waren die ganze Zeit da, aber in dem Alter wurden sie unerträglich. Das kommt davon wenn man jeden Tag zu Hause ist, die Eltern natürlich auch. Meine Geschwister, ich hab noch 2 Schwestern, waren halt normal, gesund und munter, gingen zur Arbeit oder zur Schule. Was hieß es dann für mich? Ausziehen! Raus von zu Hause, ein eigenes Leben führen. Wie aber sollte das funktionieren, ohne Job ohne Ausbildung, ohne Aussicht auf Besserung der Krankheit? Damals blieb nur der Weg zum Amt, ich musste zu Hause raus. Das wäre nicht mehr lange gut gegangen und ist auch ganz normal. Niemand hält auf Dauer so einer Situation stand. Ich weiß noch dass meine Oma mich damals schnappte und mit mir den Weg zum Amt ging. Über meinen Vater bekam ich dann eine Wohnung, von seinem damaligen Chef. Wie es sein sollte, nur 10 Minuten von zu Hause entfernt, was ein Glück. Du denkst dass ich meine Wäsche zu Mama gebracht habe oder dass Mama meinen Haushalt gemacht hat und für mich gekocht hat? Ne, das war lange vorbei, gekocht habe ich schon bei meinen Eltern. Alles bei Mama abgeschaut, Zeit genug hatte ich ja. Nene.... ging alles ganz gut selber. Bis auf den Tag, wo nichts mehr ging. Damit es nicht zu lang wird, habe ich es ein bisschen aufgeteilt... auf der nächsten Seite liest du wie es mit den OP´s anfing und es trotzdem nicht besser wurde.... 


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